Keines der menschlichen Sinnesorgane ist mehr oder weniger wert. Allerdings hat das Zitat, das dem römischen Dichter Titus Maccius Plautus zugeschrieben wird, einen ziemlich hohen Wahrheitsgehalt: „Ein Augenzeuge ist mehr wert als zehn Ohrenzeugen“. Und es stimmt. Wir glauben oft nur das, was wir sehen. Wir sind so fasziniert von etwas, dass wir „unseren Augen kaum trauen“ können. Und doch wissen viele nicht, wie sie ihre beiden Fenster zur Welt richtig behandeln müssen. Was unseren Augen gut tut und was nicht, haben wir deshalb für den folgenden Artikel zusammengefasst.
Was die Augen können
Viele Menschen glauben, dass die Augen „nur“ für das Sehen verantwortlich wären. Das ist ihre offensichtlichste Hauptaufgabe. Aber sie sind noch für einige weitere wichtige Funktionen notwendig:
- unsere Stimmung
- den Hormonhaushalt
- den Schlafrhythmus
Licht ist bei diesen drei Punkten die entscheidende Komponente: es fällt auf am hinteren Ende des Augapfels liegende Fotorezeptoren. Diese können den Blau-Anteil darin erfassen – ein evolutionäres Phänomen aus den Zeiten, als wir noch an die Tageszeiten angepasst lebten. Das dadurch ins Gehirn weitergegebene Signal ist direkt verantwortlich für die Ausschüttung von Melatonin. Und dieses Hormon regelt viel, angefangen von unserem Schlafrhythmus, unserer Laune bis hin zum Blutdruck. Ein Hauptgrund für den so weit verbreiteten Winterblues ist oftmals, dass Betroffene zu wenig Tageslicht bekommen und somit einen zu geringen Melatoninspiegel haben.
Was den Augen vermeintlich schadet
Schlechtes Licht
kennt viele Halbwahrheiten. Die am weitesten verbreitete: Lesen bei Dämmerlicht reduziert die Sehkraft. Das ist falsch. Denn ein gesundes, mit voller Sehkraft versehenes Auge wird auch durch das Entziffern kleiner Buchstaben bei Dämmerlicht nicht geschädigt, weil das Auge auch bei Dunkelheit vergleichsweise gut funktioniert. Das einzige, womit selbst gesunde Augen zu kämpfen haben, ist die grössere Anstrengung, die solche Lichtverhältnisse ihnen abverlangen. Sie werden schneller müde.
Brillen
schaden angeblich der Sehkraft. Nein, das ist ein grundfalscher Mythos, der daraus resultiert, dass viele Menschen, die nach langer, unkorrigierter Sehschwäche erstmals eine Brille für längere Zeit tragen, glauben, dass alles „merkwürdig“ aussähe. Dies ist aber nur der fehlenden Umgewöhnung geschuldet. Bevor man eine Brille kommt, wird ein sehr umfangreicher Test durchgeführt durchgeführt. Dessen einziges Ziel ist es, eine genau zur Sehschwäche passende Sehhilfe zu erstellen. Setzt man die auf, wirkt zwar tatsächlich alles merkwürdig – aber nur deshalb, weil die Augen die Welt wieder so sehen, wie sie wirklich aussieht. Selbst eine nicht der eigenen Sehstärke entsprechende Brille, kann keine nachhaltigen Schäden verursachen.
Schielen
kann entgegen dem Glauben vieler Eltern ebenfalls nicht dazu führen, dass die Augen in dieser Stellung stehenbleiben. Nein, auch nicht, wenn man dabei einen Schlag auf den Hinterkopf bekommt oder stolpert. Es gibt keinen Mechanismus, der die Augenmuskulatur nach willentlichem Schielen davon abhalten könnte, in die natürliche Ausgangsstellung zurückzukehren.
Was den Augen wirklich schadet
Neben diesen Mythen gibt es jedoch Dinge, die wirklich dafür verantwortlich sein können, dass unsere Sehkraft nachlässt oder das Auge geschädigt wird.
Reiben
mit den Fingerknöcheln macht fast jeder, etwa weil die Augen jucken oder müde sind. Doch die Nachteile wiegen schwer. Denn unsere Hände sind voller Keime und Schmutz. Reiben wir, gelangen diese Krankheitserreger direkt auf den Augapfel und können dort zu Entzündungen führen. Zudem können Fremdkörper durch das Reiben die Hornhaut schädigen – und letztlich erhöht sich auch der Augendruck, was wiederum schlecht für den inneren Aufbau ist.
Distanz-Langeweile
kennen die meisten Menschen, deren Tagwerk sich darauf beschränkt, auf einen Computerbildschirm zu starren. Und ganz gleich wie hochauflösend moderne Monitore auch sind, sie schädigen unser Auge. Das liegt daran, dass es über Stunden immer auf die gleiche Distanz fokussiert bleibt. Der Augenmuskel und die Linse verlieren dabei an Elastizität, können sich irgendwann nicht mehr richtig an andere Entfernungen anpassen.
Heizungsluft
führt besonders in Kombination mit der Bildschirmarbeit zu trockenen, gereizten Augen. Der Grund dafür ist, dass die warme Luft dafür sorgt, dass die schützende Tränenschicht buchstäblich verdampft. Kommt dann noch das Bildschirm-Starren hinzu, blinzeln wir zudem weniger, was das Problem noch verschärft.
Grelles Licht
ist tückisch. Und zwar deshalb weil es nicht das sichtbare Frequenzspektrum der Lichtwellen ist, das die Augen schädigt, sondern der „unsichtbare“ Anteil im ultravioletten Bereich. Für den Alltag sollte das bedeuten, sich eine Sonnenbrille zu besorgen. Und zwar ein Modell, das einem wirklich gut passt und steht – andernfalls neigt man nämlich dazu, sie zuhause zu lassen. Für wirklich „grelle“ Bereiche, etwa beim Skifahren, Schweissen usw., wo der UV-Grad noch höher ist, sollten dedizierte starke Schutzbrillen getragen werden. Denn sonst droht ein regelrechter „Augen-Sonnenbrand“ in Form der UV-Keratitis, besser bekannt als Schneeblindheit.
In jedem Büroalltag gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den Augen abwechslungsreiche Distanzen zu servieren, ohne die Arbeit zu vernachlässigen
Was den Augen richtig gut tut
Abwechslungsreiche Ernährung
sorgt dafür, dass unser Körper mit unterschiedlichsten Vitaminen und Pigmentstoffen versorgt wird. Letztere kräftigen die Netzhaut und reduzieren unter anderem die Risiken für die sogenannte Altersbedingte Makula-Degeneration (AMD).
Übrigens: Das, was viele als Kind lernten, dass Karotten gut für die Augen seien, stimmt tatsächlich. Das liegt an ihren grossen Beta-Carotin-Mengen. Die werden im Körper zu Vitamin-A verstoffwechselt, welches wiederum für die Erhaltung der Netzhaut sehr wichtig ist.
Unterschiedliche Sehdistanzen
helfen dabei, die Linse und die Augenmuskeln fit zu halten. Wer also vor dem Bildschirm arbeitet oder auch gerne stundenlang aufs Handy starrt, sollte sich alle halbe Stunde dazu zwingen, für eine Minute den Blick abzuwenden und aus dem Fenster von ganz nah bis zum Horizont zu fokussieren.
Blaufilter
stecken in den Funktionen vieler Handys oder können als App im Netz bezogen werden. Sie nennen sich oft zwar „Nachtmodus“, schalten den Bildschirm jedoch auf ein gelblicheres Licht. Das hilft den Augen selbst zwar nur minimal, sorgt aber wegen der erklärten Ausschüttung von Melatonin dafür, dass der Hormonhaushalt sich der Tageszeit besser anpasst.
Sehtests
sollte man mindestens einmal jährlich, besser halbjährlich durchführen lassen. Denn die überwiegende Zahl aller Sehschwächen kommt so schleichend, dass wir sie unmöglich von selbst bemerken können. Unsere Augen und das Gehirn kompensieren dann so lange, bis wirklich eine Sehhilfe nötig ist. Ja, das gilt auch und im Besonderen für Menschen, die bereits Brillenträger sind.
Augentropfen
helfen im Winter, der Verdunstung der Tränenflüssigkeit entgegenzuwirken. Allerdings sollte man es damit nicht übertreiben, weil unser Körper dann ebenfalls kompensiert und weniger Tränen produziert – irgendwann sind die Augen dann auch ohne Heizungsluft trocken, wenn man keine Tropfen verwendet. Für das restliche Jahr sollte man lieber auf seinen Flüssigkeitshaushalt achten, täglich mindestens zwei Liter trinken und sich zwingen, regelmässig zu blinzeln.
Stress vermeiden
Mittlerweile ist es der Forschung gelungen, einen Zusammenhang zwischen einem erhöhten Augeninnendruck und Stress herzustellen. Augeninnendruck ist einer der grössten Faktoren, die das Auftreten eines Glaukoms begünstigen. Diese, landläufig als Grüner Star bekannte Krankheit schädigt auf Dauer den Sehnerv, schränkt das Sehvermögen dadurch ein und kann – unbehandelt – bis hin zur vollständigen Erblindung führen.
Richtig reinigen
Fremdkörper können einem trotz des blitzschnellen Lidreflexes immer wieder ins Auge gelangen. Dann ist es jedoch buchstäblich augenwichtig, sie nicht ebenso reflexartig mit den Fingern zu bekämpfen, sondern richtig. Das bedeutet: zunächst einfach mehrfach willentlich blinzeln. Das sorgt automatisch dafür, dass der Tränenfluss aktiviert wird. In vielen Fällen reicht das aus, um den Fremdkörper buchstäblich wie einen Krümel im Waschbecken wegzuspülen. Sollte das nicht klappen, mit einem sauberen Stofftaschentuch (kein Papier, das besteht aus feinsten Holzfasern, die das Auge schädigen können) vorsichtig und ohne Druck in Richtung Nasenwurzel über das Auge streichen. Hat auch das keinen Erfolg, keine weiteren Versuche starten, sondern direkt einen Augenarzt aufsuchen.