Bin ich depressiv? Merkmale einer Depression
Wenn Sie Depressionen erleben, werden die meisten alltäglichen Aufgaben zu unüberwindbaren Hindernissen. Sie quälen sich mit simplen Dingen, die früher mit Leichtigkeit erledigt wurden. Einfache Aufgaben wie morgens aus dem Bett zu steigen, die Wäsche zu erledigen oder mit den Kindern zu spielen. Depressives Erleben beinhaltet das Gefühl einer tiefen Leere. Sie erleben einen psychischen Zustand der Apathie. Sie fühlen sich weit zurück hinter all den Dingen, die erledigt werden müssten. Sie fühlen sich wie von einem unsichtbaren Schatten niedergedrückt. Sie erleben Gefühle der Ungenügsamkeit, der Wertlosigkeit. Oft in Verbindung mit Selbstbeschuldigungen. Der Alltag wird zum Kampf, eine chronische Überforderung nistet sich ein. Totale Blockade.
Wie hilft die Kunsttherapie bei Depressionen?
Gefühle zu kontrollieren und zu unterdrücken, ist eine Fähigkeit, die wir als soziale Wesen beherrschen müssen. Wir entwickeln ein Alltagsgesicht, um uns zu schützen und unsere wahren Gefühle zu verbergen. Deshalb kann es manchen Menschen schwerfallen, wenn Sie plötzlich über ihre Gefühle oder eben darüber, dass sie nichts mehr fühlen, sprechen sollen. Kunsttherapie unterstützt psychische Prozesse, wenn Worte nicht genügen. Denn mit Materialien und Farben fällt es vielen Menschen leichter auszudrücken, wie und was sie fühlen.
In der kreativen Handlung liegt die Kraft
Was Sie in der Kunsttherapie erschaffen, dient Ihnen dazu, wieder in Kontakt zu treten. Mit sich selbst, Ihren Gefühlen, Gedanken, Ängsten und Bedürfnissen. Wenn das geschieht, wird Veränderung möglich. Dann liegt diese wieder in Ihrer Kraft. Sie erkennen die Möglichkeiten, die Ihnen zu Verfügung stehen.
Musik, Gedichte, Tanz, Gesang, Malereien, Figuren, Objekte, Kritzeleien: Der kreative menschliche Ausdruck ist so vielfältig wie es der Mensch selbst ist. Sich auszudrücken ist ein menschliches Urbedürfnis. Etwas zu „schaffen“ ist per se schon heilsam. Man erlebt sich wieder „in der Handlung“ als handlungsfähig. Fähig, wieder etwas zu „erschaffen“. Lernen durch Handeln. Wer an Depression leidet, muss wieder fähig werden zu handeln und lernen, das neue Wissen in die Tat umzusetzen. Kunsttherapie bietet Ihnen dazu einen Erfahrungsraum an – Raum um sich selbst zu erfahren, sich wieder zu spüren.
Was verstehen Kunsttherapeuten unter Kunst?
1. Kunst ist kein Produkt. Kunst ist ein Prozess.
2. Kunst „macht“ kein Produkt, Kunst produziert Reflexion. Selbstreflexion. Eine reale Konfrontation mit sich selbst. Wer Sie sind, was Sie tun, was Sie denken, was Sie fühlen, wie Sie leben.
3. Kunst braucht von Ihnen keine technischen oder künstlerischen Fähigkeiten. Massgebend ist der Prozess und nicht das Ziel. Wenn Sie etwas kreieren, zeigt sich ein Teil von Ihnen. Ob Sie ihn kennen oder nicht. Sie müssen sich kennenlernen. Ich meine Sie müssen sich wirklich kennenlernen, damit Sie sich verändern können.
4. Kunst machen ist ein Prozess der Introspektion, der Selbstbeobachtung. Nur durch Selbstbeobachtung gelangen wir zu Selbsterkenntnis.
5. Kunst wirft einen auf sich selbst zurück.
6. Kunst ist aktiv, schöpferisch und immer unvollständig. Immer im Werden.
7. Kunst lässt uns einen kurzen Blick des Potentials erhaschen, welches wir unbewusst in uns tragen.
8. Kunst ist ein menschlicher Akt.
9. Kunst ist riskant, grosszügig, mutig, provokativ.
10. Kunst bietet Ihnen Raum für alles, was Sie sind.
Wie müssen Sie sich eine ambulante Kunsttherapie vorstellen?
Starre Regelungen gibt es im Ablauf einer ambulanten kunsttherapeutischen Sitzung nicht. So wie jeder Mensch seine individuelle Kunst erschafft, müssen Sie sich auch die Therapie vorstellen: frei, kreativ, ungezwungen, wertfrei. Im ambulanten Bereich findet die Einzel- oder Gruppensitzung je nach Bedarf wöchentlich, zweiwöchentlich oder auch nur monatlich statt. Wie auch bei psychotherapeutischen Behandlungen ist es üblich, dass sich die Therapie über einen längeren Zeitraum erstreckt, da es nur so möglich ist, in einen (Entwicklungs-)Prozess zu kommen. Einzeln oder in einer kleinen Gruppe werden Bilder, Zeichnungen, Collagen, Figuren usw. kreiert. Mit welchem Material und unter welchem Thema ein Mensch in eine gestalterische Arbeit geht, wird vorgängig mit der Kunsttherapeutin im Detail besprochen. Das Vorgehen hängt von einer allfälligen psychiatrischen und/oder somatischen Diagnose sowie von den Fähigkeiten und Defiziten eines Menschen ab. Auch seine momentane Befindlichkeit, seine Wünsche, Ängste und Ziele bilden dabei eine wichtige Grundlage.
Während des künstlerischen Prozesses hält sich die Kunsttherapeutin dann eher im Hintergrund, kann aber durchaus Hilfestellungen und Impulse geben. Oft vergisst der Klient während seiner Schaffensphase alles um sich herum und wird experimentierfreudiger. Ohne Hemmungen, etwas «Falsches zu produzieren» oder Ängste, zu viel von sich preiszugeben. In einer wertfreien Haltung werden der Schaffensprozess und das entstandene Werk gemeinsam mit der Therapeutin reflektiert. So entstehen neue Einsichten, die wieder weiterentwickelt werden können.