40 Tage nach Weihnachten ist das Fest der Lichtmess. Langsam aber sicher erwacht die Welt in der Nacht auf den 2. Februar zu neuem Leben. Die Säfte der Bäume beginnen zu fliessen und der Vorfrühling verdrängt die Winterstarre. Die Zeit der Lichtmess entspricht im Jahreskreis dem Osten, dem Sonnenaufgang, dem Morgen, der Farbe Weiss und dem Neubeginn. Im keltischen Jahreskreis ist Lichtmess das Fest der weissen Göttin Brigid. Sie wird dargestellt als junge, unbeschwerte, kindliche und schöne Lichtjungfrau, die die helle Jahreszeit verkörpert. Begleitet wird die weisse Göttin im keltischen Jahreskreis vom Sonnenkönig, der in Gestalt eines Bären aus seinem Winterschlaf erwacht und Anfang Februar seinen Kopf aus der Höhle streckt. Er ist der männliche Aspekt der erwachenden Natur und der Lebenskraft. Das Erwachen der weissen Göttin und des Götterbärs bedeutet das Ende der Weihnachtszeit. Früher hat man zu dieser Zeit die Krippe weggeräumt.
Symbol des Frühlings
Die Birke (Betula pendula) ist der jungen weissen Göttin Brigid geweiht. Der Baum weist eine zarte Gestalt auf und verfügt über eine schneeweisse Rinde mit schwarzen Einschlüssen. Wenn ich im Frühling mein Ohr an eine Birke lege, höre ich das Wasser fliessen, das der Baum aus dem Boden zieht, damit sich an den Ästen Knospen und jungen Blätter bilden können.
Birken erlebe ich als äusserst erquickende Baumwesen. Sie sind geprägt von einer reinen kindlichen Unschuld und einem lebensbejahenden, singenden und tanzenden Dasein. Sie fordern mich auf, genau diese Aspekte in meinem Leben wach zu rufen und die Anteile meines inneren Kindes zu leben, gerade auch als Erwachsener. Was spricht denn schon dagegen, in Pfützen zu springen? Im Regen zu tanzen? Das Leben mit staunenden Augen zu erfassen? Die Birke hilft mir, diesen verspielten Anteil in mir nicht verkümmern zu lassen. Sie fordert mich auf, mich lebendig zu fühlen, das Jahr immer wieder neu zu erleben und mich von erstarrten Empfindungen zu lösen.
Blätter und Rinde als Heilmittel
Die Birkenblätter sind im Frühling ein wirkungsvolles Heilmittel, um den Stoffwechsel anzuregen, die Nieren- und Blasentätigkeit zu aktivieren und generell die Körpersäfte ins Fliessen zu bringen. Auch jetzt, bevor die ersten Blätter spriessen, kann man die Birke als Heilpflanze nutzen. Insbesondere deren Rinde. Die weisse Farbe der jungen Birkenrinde spiegelt Frische, Reinheit und Erneuerung. Bei älteren Bäumen erkennt man Risse in der Rinde, die schwarz und braun sind. Ich nehme diese Risse als abbauende, degenerative Kräfte wahr. Als Verminderung des Fliessens von Lebenssaft. Grösser kann der Kontrast zwischen zwei Farben nicht sein - das symbolisiert wandelnde, transformierende Kräfte. Und tatsächlich: Als einer der wenigen Bäume ist die Birke in der Lage, sich zu häuten und Altes abzustreifen. Dabei reisst die Rinde horizontal auf und schält sich wie die Haut nach einem Sonnenbrand - was sogleich die Beziehung zu unserer Haut erkennen lässt.
Die Birkenhaut oder eben -rinde besitzt eine vorzügliche Wirkung auf die Haut, das grösste Schutzorgan des menschlichen Körpers. Was die Rinde für den Baum, ist die Haut für den Mensch: Schutz und Abgrenzung gegenüber der Aussenwelt. Für die äusserliche Anwendung von Ekzemen, Hautallergien, Flechten oder Schuppen verwende ich starken Birkenrindentee als Wickel oder Waschung. Bei trockenen Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Psoriasis (Schuppenflechte) ist die Birkenrindensalbe sehr wohltuend, da sie die Haut zusätzlich fettet. Zweimal täglich eine Gesichtswaschung mit Birkenrindentee bewahrt das gesunde Aussehen, wirkt straffend und belebend.
Hauterkrankungen haben fast immer einen seelischen Hintergrund und betreffen in der Regel Menschen mit einer hohen Sensibilität. Bei der Schuppenflechte reagiert der Körper mit übermässigem Wachstum von Hautzellen, fast so als würde man sich eine dicke Haut oder einen Panzer zulegen wollen. Bei der Neurodermitis passiert genau das Gegenteil - die Erkrankung ist wie ein Baum ohne Rinde: Die Schutzhülle fehlt und die Widerstandsfähigkeit der Haut nimmt ab.
Altes loslassen
Die Birke hat auch einen starken Bezug zum Wasser. Es ist einer der ersten Bäume, in denen der Saftstrom im Frühling zu fliessen beginnt. Sie lässt täglich bis zu 70 Liter Wasser von den Wurzeln bis in die Krone fliessen. Entsprechend gerne wachsen Birken auf feuchtem Boden. Ihre Blätter weisen eine nierenförmige Rundung auf und die langen gelben Blütenstände erinnern an die Harnröhre – auch hier zeigt sich also der Bezug zum Element Wasser respektive zum Wasserhaushalt sowie zur Niere und Blase.
Neben der Niere gehört auch die Haut zu den Ausscheidungsorganen. Schon unsere Alten sagten: «Die Haut ist die dritte Niere». Sind die Nieren überlastet, nutzt der Körper die Haut, um Säuren, Abbauprodukte und Giftstoffe loszuwerden. Das kann zu trockener Haut, Schuppen, Juckreiz, Pickeln und Pusteln führen. Bei Hautproblemen sowie allgemein zur Unterstützung von Reinigungskuren sollte man viel Wasser oder Tee (Birke, Brennnessel, Goldrute) trinken und so die Funktion der Nieren anregen.
Die fliessende, entstauende Energie der Birke konzentriert sich nicht ausschliesslich auf die körperliche Ebene. So brauche ich die Birke auch für das Erarbeiten von Lösungen auf der seelisch-geistigen Ebene. Schliesslich dürfen auch alter Seelenballast und überholte Glaubenssätze irgendwann losgelassen werden, um Platz für Neues zu erschaffen.
Anwendungstipps
Umschläge mit Tinktur oder Tee:Um Hautprobleme zu lindern, können Sie zwei- bis viermal täglich Umschläge und Waschungen mit Birkentee oder mit Birkenrindentinktur machen. Zu viel Alkohol reizt jedoch die Haut; deshalb verdünne man die Tinktur: 10 bis 15 Tropfen in 200 ml laufwarmes Wasser geben.
Tinktur herstellen: Für die Tinktur aus Birkenrinde verwendet man lose Rindenstücke, die der Baum selber abstösst. Man darf den Baum dabei nicht beschädigen! Die Birkenrinde in kleine Stücke schneiden und im Mörser leicht zerquetschen. In ein verschliessbares Glasgefäss geben und im Verhältnis 1:5 mit 60 bis 95 prozentigem Alkohol auffüllen bis alle Rindenteile bedeckt sind. 14 Tage ziehen lassen, dabei täglich leicht schwenken. Danach abfiltrieren. Die herausgefilterten Birkenrindenstücke im Verhältnis 1:20 in einer Pfanne mit Wasser aufsetzen. Auf kleiner Flamme so lange köcheln lassen, bis das Wasser auf die Hälfte reduziert ist. Nun die Birkenrinde abseihen, den Auszug abkühlen lassen und mit der zuvor beiseite gestellten Tinktur vermischen. Die fertige Tinktur in dunkle Fläschchen abfüllen und gut verschlossen und kühl lagern. Haltbarkeit: mindestens 5 Jahre.
Birkenknospen-Ölauszug als Pflegemittel:Das Birkenknospenöl pflegt raue Haut. Die Kraft der Knospen unterstützt den Hautstoffwechsel und fördert den Reinigungsprozess. Das Gewebe entstaut, die Durchblutung wird gefördert und leichte Entzündungen werden gelindert. Aufgrund der schmerzstillenden und abschwellenden Wirkung eignet sich das Birkenknospenöl auch zur Massage von schmerzenden Gelenken.
Birkenknospenöl herstellen: Zwei Hände voll frische Birkenknospen in ein Konfitüreglas geben und mit 200 ml Olivenöl auffüllen. Das Ganze täglich leicht schwenken und während vier Wochen bei Zimmertemperatur stehen lassen. Dann die Birkenknospen abfiltern und das Öl in ein dunkles Glasgefäss füllen. Haltbarkeit: 2 Jahre.
Text: Natürlich Magazin