Kurz vor Weihnachten feiern wir in der längsten Nacht des Jahres die Wintersonnenwende. Mit diesem «Julfest» beginnen auch die Rauhnächte, die bis in den Januar dauern. In den heiligen, geweihten Nächten wird die Dunkelheit erhellt. Was tot und verloren scheint, erwacht. Es ist die Zeit der Toten-, Sonnen,- und Fruchtbarkeitsriten. Wie ein harmonisches Netzwerk fliessen diese Riten ineinander, erwecken das Licht und hauchen der Natur neues Leben ein. Als Symbol des Lichts, das sich in der Dunkelheit erhellt, steht seit Urzeiten der «Weihnachtsbaum». Diese Tradition soll bis weit in die Steinzeit zurückreichen. Abseits der Bergregionen, als noch keine Tannen im Flachland wuchsen, repräsentierten die Stechpalme und die Eibe den winterlichen Weltenbaum. Das Aufhängen ihrer immergrünen Zweige diente der Einladung und der Verehrung des Waldschutzgeistes. Auch heute noch locken wir mit Adventskranz und Weihnachtsbaum die lichtvollen Waldgeister ein, damit sie in unserem Wohnzimmer Schutz vor der Winterkälte finden. Zum Dank schirmen sie unser Anwesen gegen Unholde ab, sodass nichts diese heilige Zeit stören kann.
Der Christbaum als Lebens- oder Weltenbaum symbolisiert das vernetzende Gewebe des Lebens und die Verbindungen zu anderen Welten. Um dies zu ehren, schmücken wir ihn mit den Zeichen des Kosmos, den Sternen sowie mit heiligen Symbolen wie dem Fliegenpilz, den nordeuropäische Schamanen zum Fliegen und Träumen nutzten, oder den goldenen Äpfeln der ewigen Jugend. Die Christbaumkugeln ersetzten heute die goldenen Äpfel. Am Baum hängen zudem die Nüsse der Weisheit und das Engelshaar der Holle, das für Vernetzung und Verbindung steht; das Lametta symbolisiert die Strahlkraft und Klarheit der Sterne, die Strohtiere die Urkraft der Überwindung und die Kerzen das immerwährende Licht in der Dunkelheit; und auf der Baumspitze thront traditionell ein achtstrahliger, goldener Stern. Er ist das Lichtsymbol für den Jahreszyklus und steht zugleich für das ewig drehende Rad des Lebens.