Kaufsucht und was Sie dagegen tun können

Stöbern, kaufen, bereuen – Schätzungen zufolge leidet rund jede achte Person an einer Kaufsucht. Manche treibt ihr Verhalten in die Existenznot, bei anderen zerbricht die Ehe und Freundschaften gehen verloren. Daher ist es sehr wichtig, erste Warnsignale ernst zu nehmen.

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Kaufsucht, was tun

Was ist Kaufsucht?

Der wiederholt starke Drang danach, etwas kaufen zu wollen, obwohl es nicht benötigt wird, ist das wohl markanteste Merkmal einer Kaufsucht. Während die meisten Menschen ihr Kaufverhalten kontrollieren können – also beispielsweise Preisvergleiche ziehen oder grosse Anschaffungen zunächst abwägen, entwickeln Kaufsüchtige einen inneren Zwang, immer wieder unnötig kaufen zu müssen.

Laut der Gesundheitswissenschaftlerin Ruth C. Engs von der „University of Indiana“ entwickeln manche Menschen vor allem durch die Emotionen während des Shopping-Vorgangs Kaufzwänge. Denn dabei werden Glückshormone wie Endorphine oder Dopamine produziert. Auf Dauer wird das Verlangen nach diesem Gefühl immer grösser. Das Gefühl starker Erregung vor und während des Kaufvorgangs bedeutet, dass nicht das Gekaufte einen befriedigenden Reiz auslöst, sondern der Kaufakt an sich.  


Info: Engs stellte im Zuge ihrer Forschungen die These auf, dass etwa zehn bis 15 Prozent aller Menschen empfänglich auf diese Art von Gefühlen reagieren und somit ein erhöhtes Risiko aufweisen, eine Kaufsucht zu entwickeln.


Bin ich kaufsüchtig? Warnsignale einer Kaufsucht

Wir tun es alle, doch wer lange, ausgiebig und viel shoppt ist im Umkehrschluss nicht gleich kaufsüchtig. Gerade vor besonderen Anlässen wie Weihnachten bemerken Marktforscher jedes Jahr aufs Neue ein intensiveres Kaufverhalten. Doch was unterscheidet den normalen Einkäufer vom Kaufsüchtigen? Warnsignale, die auf ein suchtähnliches Kaufverhalten hinweisen, sind unter anderem die Folgenden:

  1. Sie geben Geld für Dinge aus, die über Ihrem Budget liegen.
  2. Sie kaufen mehr als Sie brauchen.
  3. Sie verheimlichen Käufe vor Familie und Freunden.
  4. Sie bemerken Schuldgefühle und Scham nach einer ausgiebigen Shopping-Tour und retournieren oft Dinge aus diesem Grund.
  5. Sie entfremden sich von zwischenmenschlichen Beziehungen und das Shoppen an sich wird zur Hauptbeschäftigung.
  6. Sie präferieren den Gebrauch der Kreditkarte und bezahlen weniger gern mit Bargeld.
  7. Sie kaufen, um Gefühle wie Wut, Traurigkeit oder Einsamkeit zu kompensieren.
  8. Sie diskutieren regelmässig mit anderen über Ihre Shopping-Angewohnheiten.
  9. Sie legen unbezahlte Rechnungen zurück und nehmen sich Kredite, um mehr Shoppen zu können.

Info: Suchtkriterien wie aus der Medikamenten-, Drogen- oder Alkoholsucht bekannt, sind auch bei einer Kaufsucht signifikante Merkmale: Einige Beispiele sind Kontrollverlust, Dosissteigerung, Entzugserscheinungen (z.B. Schlafstörungen), Schuldgefühle oder Depressionen. 


Immer mehr Kaufsüchtige in der Schweiz

Immer mehr Schweizer neigen dazu, unkontrolliert und überflüssig zu kaufen. Seit 2003 hat sich die Anzahl der Kaufsüchtigen fast verdoppelt. Die „Hochschule für Sozialarbeit Bern“ und das GFS-Forschungsinstitut fanden in einer aktuellen, repräsentativen Befragung heraus, dass etwa fünf Prozent der befragten 705 Personen kaufsüchtig sind und ihre Sehnsucht nach dem Kaufvorgang auch dann nicht zügeln, wenn sie ihre Existenz gefährdet sehen. Weitere 33 Prozent gaben in der Befragung an, dass Sie ein erhöhtes Risiko bemerken, in die Kaufsucht zu rutschen. Denn laut Angaben würden sie öfter als normal zu emotionalen Einkäufen neigen. Was bedeutet, dass gekauft wird, um beispielsweise einen schlechten Tag abzuhaken und um Stress abzubauen.

Leichtfertig Geld ausgeben war noch nie so einfach

Warum die Zahl der Kaufsüchtigen in den vergangenen 13 Jahren signifikant gestiegen ist, hat mehrere Gründe. Eine Erklärung ist das steigende Einkommen, welches dazu führt, dass Einkaufen als Freizeitbeschäftigung immer mehr in den Vordergrund rückt. Ein weiterer Aspekt muss jedoch ebenso immer mehr hinzugezogen werden: Ob Online-Shopping, bestellen auf Rechnung bei Versandhäusern oder Kreditkarten-Käufe, Geld ausgeben ist leichter und intransparenter denn je. Wenige Mausklicks genügen, um Einkäufe abzuschliessen und das Bankkonto aus dem Blick zu verlieren.

Gibt es verschiedene Kaufmuster?

Kaufsucht ist nicht gleich Kaufsucht: Es gibt ganz unterschiedliche Muster nach denen zwanghaft eingekauft werden kann. Einige Beispiele sind:

  • Zwanghafte Shopaholics, die erst dann mit dem Einkauf stoppen, wenn Sie sich emotional befreit fühlen.
  • Trophäen-Sammler, die ständig nach dem perfekten „Etwas“ suchen.
  • Kaufsüchtige, die sich in ihrem Selbstbild als „grosse“ Käufer sehen und ständig nach auffälligen Dingen suchen.
  • Schnäppchenjäger, die sich Dinge kaufen, weil sie im Angebot sind und nicht, weil sie gebraucht werden.
  • Kaufsüchtige, die sich im ständigen Teufelskreis zwischen „kaufen“ und “retournieren“ befinden.
  • Sammler, die sich nicht vollständig fühlen, bis sie eine bestimmte Sache in allen Farben und Ausführungen gekauft haben. 

Therapiemöglichkeiten und Beratungsstellen

Wer in der Kaufspirale gefangen ist, sich verschuldet oder von seinen Mitmenschen entfremdet, sollte eine Psychotherapie in Erwägung ziehen. Denn der unwiderstehliche Drang, den Kaufsüchtige beim Kaufen empfinden, geht oft auf unerfüllte Sehnsüchte oder Defizite im Leben zurück: So wird der Versuch unternommen, mit dem Kaufrausch Verlangen nach mehr Liebe, Anerkennung, Beistand oder Respekt zu stillen. Mithilfe eines Psychotherapeuten kann gezielt danach gesucht werden, was sich hinter der „Ersatzbefriedigung“ Kaufen versteckt.


Auf der Seite Stiftung Selbsthilfe Schweiz finden Sie ausserdem viele Anlaufstellen für Selbsthilfegruppe in Ihrer Nähe.


Erste Hilfe – das können Sie selbst tun

Zusätzlich können Sie versuchen, sich an gewisse Regeln zu halten, die sie dabei unterstützen, das Kaufverhalten positiv zu verändern:

  • Kaufen Sie nach der 3-Tage-Regel: Schlagen Sie nicht gleich zu, sondern reflektieren Sie Ihren Kaufwunsch drei Tage lang. So können Sie selbst besser beobachten, ob der gewollte Gegenstand wirklich gewollt und gebraucht wird.
  • Sprechen Sie offen über Ihre Sorgen oder Ängste mit vertrauten Menschen.
  • Versuchen Sie Ihr Selbstwertgefühl zu erhöhen, indem Sie etwas für sich tun, was nichts mit Einkaufen zu tun hat. Das kann ein Ausflug oder ein Hobby sein, Sie können auch versuchen zu meditieren, um zu sich selbst zu kommen.
  • Bezahlen Sie nur noch bar und nicht mehr mit der Karte.
  • Führen Sie ein Haushaltsbuch, um Ihre Ausgaben im Blick zu behalten.
  • Konsultieren Sie einen Psychotherapeuten.
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